„Arbeiterfrauen auf der Straße, gegen die Prekarisierung der Lebensverhältnisse“ – so lautete am 8. März 2019 in Santiago de Chile die Parole auf dem Frontbanner des Frauenblocks. Damals gingen rund 800.000 Menschen im Land auf die Straße für mehr Rechte bei Abtreibung, gerechte Löhne, mehr Rechte für Migrant:innen, gegen Gewalt an Frauen und trans Menschen. Es wurde sowohl zu Streiks in der Lohnarbeit als auch in der unbezahlten Haus – und Sorgearbeit aufgerufen. Diese Streiks waren Teil einer Frauenbewegung, die 2018 begonnen hatte. Studierende hatten mehrere Universitäten besetzt, um gegen sexuelle Belästigung und sexistische Bildung an Universitäten zu protestieren, was unter anderem dazu führte, dass ranghohe Professoren zurücktreten mussten, die sexualisierte Gewalt ausgeübt hatten. Der Internationalismus spielte dabei auch eine große Rolle, denn die chilenischen Studierenden waren auch von Protesten gegen sexualisierte Gewalt und Femizide aus anderen Teilen Lateinamerikas und der #metoo-Bewegung inspiriert. Bereits ein paar Jahre zuvor hatte es eine studentische Protestbewegung gegeben, deren Hauptfokus die Aufarbeitung der Pinochet-Diktatur gewesen war. Die Nachwirkungen der Pinochet-Diktatur spielen bis heute auch eine große Rolle im anti-patriarchalen Kampf in Chile.
Bei einem Militärputsch 1973 wurde die gewählte sozialdemokratische Regierung Salvador Allendes brutal gestürzt und ein Militärregime unter Augusto Pinochet aufgebaut, alles mit Unterstützung der USA. Das Pinochet-Regime führte eine knallharte neoliberale Wirtschaftspolitik mit massiven Privatisierungen aller öffentlichen Bereiche, wie z.B. dem Gesundheitssystem. Rechte für Frauen wurden durch erzkonservative Gesetzgebung eingeschränkt, gestützt durch die katholische Elite.
Nachdem Pinochet starb, wurde wieder eine bürgerliche Demokratie eingeführt. Diese übernahm jedoch größtenteils die rückschrittliche Gesetzgebung der alten Verfassung. So wurde erst 2004 Ehescheidung möglich, und 2017 Abtreibungen in bestimmten Fällen. Auch die sozialdemokratische Koalition Mitte der 00er-Jahre setzte kaum Veränderungen um. Bis heute ist auch das Streikrecht auf ein Minimum beschränkt, was die großen Streiks rund um den 8. März zu besonderen Leistungen macht.
Die Bewegung zeigt, wie Studierende immer wieder zum Ausgangspunkt von Massenprotesten werden und wie wichtig die Verbindung von Frauenrevolution, Internationalismus und Arbeiter:innenbewegung ist.